Freundlichkeit (mettā)

magisches licht im wiener wald

Wie in jedem zeitgenössischen Diskurs gibt es auch in jenem, der sich mit dem Phänomen Buddhismus beschäftigt, die Außenansicht und die Innenschau. Erstere ist auf Kenntnisse beschränkt, die mündlich oder schriftlich tradiert werden. Zweitere gründet in der außersprachlichen Erkenntnis selbst. Die Sichtweisen und die daraus resultierenden Einstellungen zum Buddhismus könnten unterschiedlicher nicht sein.

Buddhismus ist meines Erachtens nicht nur ein Glaubenssystem, das Anhänger hervorbringt, die sich darum bemühen, das eigene Verhalten einem bestimmten Moralkodex anzupassen. In westlich geprägten Industrieländern wird Buddhismus meist mit Meditation in Verbindung gebracht. Achtsamkeitstraining wird im Sinne des Kapitalismus instrumentalisiert. Daraus folgt, dass die ursprüngliche Lehre Buddhas verwässert, institutionalisiert, zweckgewidmet wird. So vieles wird heutzutage mit Buddhismus assoziiert. Doch was Buddhismus genannt wird, muss noch lange nicht Buddhismus sein. Will sagen: Die Sicht auf ein bestimmtes Thema verweist eher auf Motivation, Wissensstand und Erfahrung der jeweiligen Person, und nur bedingt auf die zugrunde liegende AbSicht und das Potenzial der Idee selbst.

Um zu verstehen, was Buddhismus heute bedeuten kann und welche Rolle er im heutigen Leben spielt, ist ein Blick auf die ideengeschichtliche Entwicklung hilfreich. Ebenso lassen sich verschiedene Aspekte wie Ethik, Bewusstsein und Weisheit beleuchten, um zu versuchen, die Bedeutung dieser Aspekte im Sinne eines Buddhismus im 21. Jahrhundert zu begreifen. Auch das Leben von Buddha Shakyamuni sowie verschiedener Meister (meistens Männer) und Narren (meistens Männer) kann Einsicht gewähren in das, was ein gutes menschliches Leben ausmacht. All dies kann angesichts von Glorifizierung und Mythologisierung auch verwirrend sein, es kann entmutigen und die eigenen Grenzen ins Blickfeld rücken. Wie gut also, dass Informationsbeschaffung bestenfalls als Vorbereitung zu sehen ist für die eigene Einübung von Klarheit, die Kultivierung geistiger Sammlung und das eigenständige Setzen von Handlungen im Alltag. Gewöhnlich entspringen nämlich zahlreiche Gedanken, Worte und Taten einem verwirrten, zerstreuten und reaktiven Geist. Vielleicht aufgrund fehlender Information. Vielleicht aufgrund der Weigerung, vorhandene Information zu verwerten und in den Zusammenhang mit der eigenen lebendigen Erfahrung zu stellen. Diesen Sachverhalt zu erkennen ist also ein erster Schritt in Richtung Veränderung: Welcher Geisteshaltung (und: Körperhaltung) entspringen meine Gedanken, Worte und Taten?

Den Garten des Geistes gestalten

In diesem Sinne ist Freundlichkeit (mettā) als menschliche Eigenschaft anzusehen, die sich kultivieren und im Laufe der Zeit entwickeln lässt. Ein Mensch, der nicht freundlich ist, hat normalerweise Angst oder ist verwirrt, zerstreut und in Reaktivität befangen. Ein Mensch, der sich unfreundlich verhält, hat in der Regel körperliche Schmerzen, ist unzufrieden oder frustriert, leidet an sich selbst oder ist aus einem anderen Grund unglücklich.

Wie wir alle wissen, richtet sich die Welt selten nach den persönlichen Wünschen, vor allem wenn sie dem bodenlosen Fass kurzsichtigen egoistischen Wollens entspringen. Die Welt, in der ich lebe, ist bereits übervoll von Wünschen anderer. Was passiert nun mit den eigenen Wünschen, wenn diese vom Herzenswunsch eingerahmt werden:

Bhavatu sabba mangalam!
Mögen alle Lebewesen glücklich sein!

Mit diesem Herzenswunsch zu leben bereitet Freude wenn es anderen gut geht, wenn andere etwas schaffen, wenn andere glücklich sind. Die Grundausrichtung von Freundlichkeit (mettā) verwandelt sich in solchen Situationen in Mitfreude (mudita). Wenn jemand traurig oder verletzt ist, verwandelt sich mettā in Mitgefühl (karuna). Gleichmut (upekkha) ist die Krönung dieser Herzensqualitäten Liebe, Mitgefühl, Mitfreude. Zusammen werden sie im Buddhismus die „Vier Unermesslichen“ genannt. Was auch immer passiert, alles wird mit gleichbleibendem Mut angenommen. Freundlichkeit gewinnt dadurch den Geschmack großmütterlicher Güte und löst sich von sentimentaler Anhänglichkeit. Frei von Angst, sich den Dämonen zu stellen, bleibt Mitgefühl in Krisensituationen handlungsfähig und darüber hinaus imstande zu akzeptieren, wenn Hilfestellung abgelehnt wird oder momentan unmöglich ist. Mitfreude gleitet durch Gleichmut nicht in Rührseligkeit oder Hysterie ab. Auf diese Weise hilft Gleichmut dabei, extreme Sichtweisen zu vermeiden, unerschütterlich zu bleiben und die Herzensqualitäten im Sinne des goldenen Mittelweges zu verwirklichen.

Bald klopft der Tod bei dir an, und noch immer
bist du nicht schlicht und natürlich,
nicht seelenruhig, nicht frei von Angst,
durch äußere Dinge geschädigt zu werden,
nicht freundlich gegen alle Menschen,
und noch immer hast du nicht begriffen,
dass Einsicht und gerechtes Handeln
ein und dasselbe ist.

Marc Aurel

Selbstliebe

Ich beginne bei der Übung von Freundlichkeit stets mit mir selbst. Denn ich bin überzeugt, dass ich andere erst dann aufrichtig schätzen und lieben lerne, wenn ich mich selbst liebe und wertschätze. Während des Tages flüstere ich mir zu:

»Möge ich glücklich sein!«

Diese geistige Einstellung ist Voraussetzung dafür, die wohlwollende Haltung anderen gegenüber an den Tag zu legen, ohne Heuchelei, ohne Naivität, ohne Scheinheiligkeit, ohne Bedingungen an die Wirklichkeit zu stellen, dass sie jetzt sofort so zu sein hat wie ich mir das wünsche. Ich merke immer öfter, dass mir im Leben nicht das zugespielt wird, was ich will, sondern was ich brauche. Oft weiß ich nicht einmal, was ich wirklich und wahrhaftig im Leben brauche, und wenn es dann da ist, herrscht Verwirrung und Ablehnung, im Grunde unnötige Aufregung, und im Nachhinein wird klar: Es musste so kommen. Alles Andere hätte keinen Sinn!

Erst kürzlich sprach ich mit einem guten Freund über seine verflossene Liebe. Kurz nach seiner Trennung meinte ich, es könnte das Beste sein, das ihm je passiert ist, auch wenn es jetzt gar nicht so aussieht. Das ist nun schon zehn Jahre her. Ich sprach damals aus eigener Erfahrung. Wie oft war ich selbst am Boden zerstört, nur um mir im Rückblick zu vergegenwärtigen, dass die Trennung einen Meilenstein in meiner Entwicklung darstellte, indem so viele Türen aufgingen, die zuvor verschlossen waren! Bis heute erinnert sich mein Freund an diesen Satz. Frag dich selbst: Vielleicht ist das, was dir derzeit als furchtbares Schicksal erscheint, genau das, was du für die eigene Entfaltung als Mensch brauchst? Wir wissen doch überhaupt nicht, was positiv ist und was negativ. Es ist stets beides. Bei Richtig und Falsch, Gut & Schlecht, Licht & Dunkel, Yin & Yang handelt es sich um Extreme, die mit der lebendigen Realität nicht mithalten können; einer Realität, die stets von uns als Beobachtern mitgestaltet und mitgeschaffen wird. Im Rückblick zeigen sich negative als positive und positive als negative Ereignisse im Leben. Und genau deshalb: »Möge ich glücklich sein!«

Die in der inneren Haltung kultivierte Freundlichkeit lässt sich überallhin mitbringen. Mettā ist solch ein wunderbares Geschenk! Im Supermarkt, am Flughafen, in der U-Bahn, im Straßenverkehr… denn wie gesagt, in dem Moment, in dem mir nicht nach Freundlichkeit zumute ist, habe ich ziemlich sicher an etwas zu leiden, sei es körperliches Unwohlsein, emotionale Belastung, seelischer Ballast, irgendetwas das mich runterzieht. Mit Wachsamkeit kann ich diese Wirklichkeit erkennen. Und mit Selbstliebe im Herzen kann ich diese Zustände annehmen. Neben Dankbarkeit und Wohlwollen bringt Selbstliebe – und das schließt Mitgefühl (bei eigener Leiderfahrung) und Freude (bei eigener Glückserfahrung) mit ein – ein warmes Herzgefühl, sodass sich im Körper die mettā-Heizung einschaltet.

Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war, von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen und von allem, was mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst. Anfangs nannte ich das gesunden Egoismus, aber heute weiß ich, das ist
Selbstliebe.

Als ich mich selbst zu lieben begann,
da erkannte ich, dass mein Denken armselig und krank machen kann, als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte, bekam der Verstand einen wichtigen Partner. Diese Verbindung nenne ich heute
Herzensweisheit.

Charlie Chaplin

Bis ins Unermessliche ausweiten

Es ist hilfreich, die formale mettā-bhavana in die täglichen zwischenmenschlichen Interaktionen einfließen zu lassen. Empfehlenswert ist es natürlich, dort anzufangen, wo es am einfachsten ist, z.B. Dankbarkeit gegenüber einem Wohltäter, gegenüber der eigenen Mutter (ein gutes Verhältnis zu ihr vorausgesetzt), dem besten Freund oder dem geliebten Haustier und von da aus zu neutralen Personen und schwierigen Personen überzugehen. Letztere werden traditionellerweise »Feinde« genannt. Mit der Zeit wird klar: äußere Feinde gibt es überhaupt nicht! Sie sind eine Projektion der Ängste im eigenen Geist auf die äußerlich erscheinende Welt. Alle Feinde werden im eigenen Geist konstruiert, im gepeinigten Geist, der die eigene Instabilität und Unsicherheit auf die äußerlich erscheinenden Phänomene projiziert.

Viele Meister und Meisterinnen betonen wie wichtig es ist, sich der Tatsache des Todes bewusst zu werden. Das hat nichts mit einer morbiden oder gar fatalistischen Haltung zu tun. Die Bewusstmachung der Tatsache der eigenen Sterblichkeit darf nicht mit Todessehnsucht verwechselt werden. Als Mensch bist du angehalten, dich von den Extremen fernzuhalten, d.h. nicht am Leben kleben und nicht den Tod herbeisehnen. Lama Zopa Rinpoche erwähnt in seinen Belehrungen im Anschluss an den Film Milarepa (Neten Chokling, 2006), dass der Tod eines Freundes, die Krankheit einer Geliebten oder der Verlust von Hab-Seligkeiten wie Geld oder Besitz nicht das Problem ist, sondern der Geist der das zum Problem macht, sei das wirkliche Problem. Wie vorhin im Zusammenhang mit der Illusion äußerer Feinde bereits erwähnt: Wenn wir uns über den nahenden Tod einmal klar geworden sind und uns, wenn wir streiten, einfach fragen: »Wo werden wir sein in 300 Jahren?« dann umarmen wir uns und zwar deswegen, weil wir imstande sind, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Wir erkennen das Wesentliche: Dieser Moment, die Kostbarkeit jedes einzelnen Augenblicks! Sonst nichts. Wo wäre da Platz für Neid, Gier, Ärger, Wut und Eifersucht? Wie sinnlos ist es, das kurze Menschenleben damit zu vergeuden, auf andere Lebewesen wütend zu sein? Welch eine Verschwendung eines so einzigartigen Gutes wie es das menschliche Leben darstellt! Und das Allerbeste kommt ja erst: In dem Moment, wo wir unsere wahre Natur entdecken, die bisher von verdunkelnden Gedanken-Emotions-Knäueln verdeckt und versteckt war – und dabei doch stets präsent – überwinden wir den Tod. Blicke ihm ins Auge und die Angst verschwindet. Unterdrücke ihn, vergiss ihn, leugne ihn, und die Angst vor dem Tod bestimmt dein Leben vor dem Tod. Identifziere deine inneren Feinde Gier, Hass und Ignoranz und siehe, all deine »externen« Feinde verschwinden!

Warum ist das so? Die phänomenale Welt wird grundsätzlich vorgestellt als eine Welt, die entlang persönlicher Vorlieben und Abneigungen eingeteilt ist. Das bedeutet, die Welt wird so aufgefasst, wie es den eigenen Kapazitäten entspricht. Mit anderen Worten: der eigene Bewusstseinsraum bestimmt, wie die Welt wahrgenommen wird. Dementsprechend kann sie nur so komplex sein wie wir sie vorzustellen vermögen. Das hat weniger mit Intelligenz zu tun als mit der Fähigkeit, die intellektuelle Perspektive auf die Welt selbst zu untersuchen und somit eine Art Vogelperspektive einzunehmen. Wohltäter, Freund, neutrale Personen, sogenannte Feinde, Tiere – allesamt fühlende Wesen, richtig? Alle streben nach Glück und vermeiden Leid, richtig? Und das schließt mich selbst mit ein.

Die Entscheidung, die Liebe zu sich selbst auf alle anderen fühlenden Wesen auszudehnen, hat nicht nur zur Bedingung, dass besagte Selbstliebe und Selbstwertschätzung überhaupt existiert. Eine zusätzliche Bedingung besteht darin, dass von diesem Selbst abstrahiert werden kann, um die existenziellen Gemeinsamkeiten zu erkennen, die ich mit allen anderen fühlenden Lebewesen teile. Dazu braucht es Selbstreflexion bzw. die Entwicklung eines »gesunden Selbst« – erst dann kann dieses Selbst losgelassen werden.


Selbstkenntnis

Persönliche Erfahrungen bilden die Grundlage meiner Autobiographie. Bei genauer Betrachtung lassen sich viele Schwierigkeiten in meinem Dasein darauf zurückführen, dass Handlungen in vergangenen Lebensabschnitten von Unwissenheit, Ignoranz, Anhaftung und Ablehnung geleitet waren. Jenseits irgendwelcher zu kurz gegriffener Konzepte wie Schuld und Sühne, Vergeltung und Buße, Verbrechen und Strafe bedeutet karma nichts Anderes als Handlung, vipāka nichts Anderes als Auswirkung. Es handelt sich nicht um ein legalistisches System des Menschen, sondern um ein universales Gesetz der Natur, das die Wechselwirkung von Handlungsabsicht und Effekt beschreibt. Kurz: Absichten zeitigen Folgen. Das kann auch auf die Gesellschaft als Ganzes bezogen werden, nicht nur auf ein Individuum.

Säe einen Gedanken, ernte eine Tat.
Säe eine Tat, ernte eine Gewohnheit.
Säe ein Gewohnheitsmuster, ernte ein Schicksal.

Immer wenn ich auf diese Weise betrachte, welchen Hindernissen ich im Leben begegne und welche Menschen ich treffe, wächst in mir Gleichmut, Verständnis und Mitgefühl. Wenn ich einsehe, dass es notwendigerweise so kommen muss, wogegen wehre ich mich dann so vehement und murre, dass nicht alles so abläuft wie ich es mir ausgemalt habe? Marc Aurel meint folgendes dazu, und es erinnert mich sehr an das, was Buddha meines Erachtens mit karma ausdrücken wollte:

Was stets hinterherkommt, folgt aus inneren Gründen auf das Vorhergehende. Denn es ist nicht etwa wie eine Aufzählung von zusammenhanglosen Einzelheiten, die nur auf gedanklichem Zwang beruht, sondern ein wohlbegründeter Zusammenhang. Und wie die Dinge harmonisch zusammengeordnet sind, so zeigt auch das Geschehende nicht eine bloße Aufeinanderfolge, sondern einen wunderbaren inneren Zusammenhang.

Marc Aurel

Ich denke, karma und karma-vipāka sind unabdingbar für ein tiefes Verständnis des Selbst – ein Selbstverständnis, aus dem wiederum Selbst-Mitgefühl entspringt. Innenschau (japan. naikan) bedeutet, sich Momente zu vergegenwärtigen, in denen mir oder meinen Mitmenschen bzw. Mitlebewesen Leid widerfahren ist. Diese Momente ins Bewusstsein zu rufen bzw. die notwendige Stille in sich selbst einkehren zu lassen, die dieses Leid wieder an die Oberfläche des Bewusstseins blubbern lässt, ermöglicht die zuvor angesprochene Selbstreflektion bzw. Abstraktion vom Selbst, die notwendig ist, um ein gesundes Selbst zu entwickeln, das in der Folge losgelassen werden kann. Zu starke Zweckgerichtetheit und Nützlichkeitsdenken stehen der Verwirklichung entgegen, denn der Wille ist zu angespannt. Ebenso wird ein halbherziger Versuch nur halbherzige Ergebnisse hervorbringen. Wie immer ist der/die Übende angehalten, den mittleren Weg zu wählen.


Wir haben immer die Wahl

Zur Einübung von Herzensqualitäten gehört das Loslassen alter Ängste und Triebe. Damit einher geht die Überprüfung übernommener Wertesysteme und Glaubenssätze. Sobald die eigene Konditionierung im Sinne eingefahrener Verhaltens- und Reaktionsmuster erkannt und die zunächst unhinterfragte kulturelle Gesinnung als solche entlarvt wird, die hinter so vielen unreflektierten Alltagsentscheidungen steckt, wird aus dem mühsamen Unterfangen des menschlichen Lebens und Sterbens eine persönliche Wahl, die mich selbst und andere aus dem Kreislauf des Immergleichen befreit.

Das bedeutet sich einzugestehen, wie schmerzhaft das auch sein mag, dass die vielfach gutgeheißenen Strategien und Leitbilder der Eltern, der Lehrer und der Gesellschaft auf Konditionierung und Gewöhnung beruhen. Ent-Täuschung somit als Abgehen und Abstreifen jener Täuschungen und chimärenhafter Trugbilder. Es ist schwer, Dinge und Tätigkeiten zu unterlassen, die Ruhm und Geld, Ermutigung und Anerkennung bringen. Es ist leichter, wenn du dir klarmachst, dass es sich dabei um vergängliche Schein-Geschenke handelt, die dich binden und unfrei machen.

Hier der Kompass den ihr mir geschenkt habt
Nehmt ihn zurück er war gutgemeint doch er lenkt ab

Die Reise der Selbsterkenntnis führt dahin, die eigene konditionierte Position – und dazu gehört zweifellos auch die Positionierung als dieser oder jener Charakter (»Ich bin so…« oder »Ich bin normalerweise nicht…«) sowie Bescheid zu wissen, was ich will und was ich weiß.

Wenn etwas losgelöst von jeglicher Logik erscheint, dann mag das daran liegen, dass die dualistische Logik für ein tiefergehendes Verständnis der den Erscheinungen zu Grunde liegenden Prozesse nicht heranreicht und weil uns nicht sämtliche Umstände und Bedingungen bekannt sind, um uns das Ereignis zu erklären. Als Einzelne versuchen wir dann manchmal krampfhaft, uns von der Masse abzutrennen und uns als einsamen Streiter oder Krieger anzusehen. Dabei blenden wir aus, wie ähnlich wir den Mitmenschen durch diese Bemühungen um Einzigartigkeit werden. Muriel Barbery bringt es in Die Eleganz des Igels auf den Punkt:

Es ist immer äußerst verwirrend, dort einen vorherrschenden sozialen Habitus zu entdecken, wo man das Zeichen der eigenen Einzigartigkeit zu sehen glaubte. Verwirrend und vielleicht sogar kränkend.

Muriel Barbery

Es braucht tiefe Einsicht, um die Bewegung des eigenen Wollens und Wissen-Wollens zu erkennen sowie die eigenverantwortliche Verpflichtung und Hingabe, in Zukunft anders zu handeln. Die Aufgabe besteht darin, Mein-ungen nicht allzu ernst zu nehmen und all die liebgewonnenen Ansichten über sich und andere loszulassen.

Denn das, was ich am liebsten habe, hält mich am unerbittlichsten gefangen und die fixesten Ideen habe ich von genau jenen Dingen, über die ich am wenigsten weiß.

Ein Kommentar zu “Freundlichkeit (mettā)

  1. Danke für den inspirierenden Beitrag. Folgende Sätze gaben meinem Geist eine impulsive Bestätigung:
    • Ich merke immer öfter, dass mir im Leben nicht das zugespielt wird, was ich will, sondern was ich brauche.
    • Freundlichkeit gewinnt dadurch den Geschmack großmütterlicher Güte und löst sich von sentimentaler Anhänglichkeit.
    • Zu starke Zweckgerichtetheit und Nützlichkeitsdenken stehen der Verwirklichung entgegen, denn der Wille ist zu angespannt.
    Sowie die letzten Sätze dieses Beitrags, ab dem Zitat von Muriel Barbery.

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